Outfits für die Künstlerinnen-Barbie :: Hannah Höch

 Outfits für die Künstlerinnen-Barbie - Hannah Höch

Hannah Höch (1889-1978)
"Dada-Puppen"

anlässlich der Berliner Dada-Messe 1920

Hannah Höch als die Frau der Berliner Dada-Gruppierung war mir vielleicht ein Begriff , als ich ihren Dada-Puppen in der "Metropolis"-Ausstellung im Berliner Martin-Gropius-Bau 1991 begegnete.

Als junge Kunststudentin mit einer starken Affinität zu textilen Materialien war ich ergriffen von der Idee künstlerischer Puppen. Waren es die die Alltäglichkeit der Materalien − Stoffreste, Wolle, Filz, Pappe, Perlen − die scheinbar spielerische Leichtigkeit in der Dreidimensionalität, die mich so nachhaltig prägen würden? Das fand ich so mutig, dass ich das Gefühl hatte, nur ich allein könnte diese Puppen 70 Jahre später wirklich sehen.

Vielleicht kannte ich einige von Höchs Montagen, schätzte sie für ihre gewagten provokanten, humorvollen Kommentierungen, dem Spielen mit dem Frauen- und
Geschlechterbild und besonders für das Adaptieren und Verfremden vorgefundener Bildwelten aus den Massenmedien − ein Prinzip, das sich durch viele meiner Arbeiten zieht. Irgendwie bewunderte ich sie auch dafür, dass sie sich ihren Lebensunterhalt mit Stickvorlagen für Ullstein verdiente und so vermutlich Zugang zu reichlich Montagematerial hatte (Gen Ende meines Studiums und in der Orientierungsphase danach habe ich bei Gruner + Jahr gejobbt und dann in der GEO-Redaktion gearbeitet.).Wahrscheinlich hat sie sich an dem Ullstein-Job so manches Mal gestört, aber sie war in zwei Welten unterwegs. Bei allen Konflikten, die das mit sich bringt, halte ich das selbst seit meinem Studiuem so, das ich zwischen Kunsthochschule und Universität ausbalancierte.

1978 in Zurückgezogenheit in ihrem Berliner Haus gestorben, hatte die Aufbereitung
ihrer künstlerischen Biografie erst in den 1980er Jahren begonnen. "da da zwischen reden zu Hannah Höch", die Dokumentation des großen Berliner Hannah-Höch Symposiums von 1989 von Ellen Maurer und Jula Dech, erschien just 1991und irgendwie schon recht schnell im modernen Antiquariat der Heine-Buchhandlung an der Hamburger Uni und somit in meinem Wahrnehmungsfeld und noch dazu erschwinglich.

Von da an hat mich Hannah Höch rhythmisch begleitet. Maud Lavins "Cut with
the Kitchen Knife" (1993) erwischte ich unter den Neuanschaffungen in der Library
am Edinburgh College of Art, als ich intensiv an meiner BA-Arbeit zur Frage geschlechterlicher Identitäten und künstlerischer Ausdrucksmittel in der Kunst von Künstlerinnen arbeitete.
Hannah Höch habe ich zu einem Prüfungsthema sowohl im Kunst-Examen wie auch in der Germanistik (im Vergleich zu Alfred Döblin und Sergej Eisenstein) gewählt.
Sehr bewegt hat mich die 2011 von Cara Schweitzer veröffentlichte höchst umfängliche und lesenswerte Biografie, die auch tiefe Einblicke in Höchs künstlerische Überlebensstrategien in der Zeit der inneren Emigration bietet. Als Dada-Künstlerin war sie Bestandteil der großen Ausstellung "Entartete Kunst" 1937 im Haus der Kunst in München. Die nachfolgene Wanderausstellung 1941 besuchte Hannah Höch immer wieder an den verschiedenen Standorten. Sie war zu der Zeit in einer etwas mysteriösen Verbindung mit einem Handelsvertreter verheiratet, der beruflich durch das ganze Reich fuhr und Hannah begleitete ihn des Öfteren. Auf diesen Fahrten fertigte sie kleinformatige Landschaftsaquarelle. Ausstellen durfte sie nicht. Um aber von der Reichskunstkammer Zuteilungen für Farben zu erhalten, musste sie unverfängliche Motive vorweisen. Gerade in diesen kleinen Malereien fndet sich bei genauem Hinsehen ihre versteckte Systemkritik.

Literatur:

da da zwischen reden zu Hannah Höch.
Ellen Maurer und Jula Dech (Hrsg.), Berllin,1991

Cut with the Kitchen Knife.
Maud Lavin,Yale University, New Haven1993

Schrankenlose Freiheit für Hannah Höch,
das Leben einer Künstlerin 1889-1978.
Cara Schweitzer, Berlin, 2011

 

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